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INSTALLATION

 

Sie sind geprägt von Dialogen und Kontrapunkten und schaffen somit einen „Klangbogen“ zwischen einer Harmonie und der Spannung von Blickachsen meiner Wahrnehmungsführung, die auf eine sukzessive, prozessuale Erschließung der Gesamtinstallation führt.

Manchmal übernehmen in meinen Installationen, Materialien, Symbole, Geschichten, Kraftfelder die Funktion eines Ideenträgers.

Dabei sind weder in den Dimensionen bei den verwendeten Materialien noch bei den behandelten Themen Grenzen gesetzt, wie dies in meinen feinen zurückhaltenden Zeichnungen der Fall ist. Hier breche ich aus meinen eigenen Denkstrukturen und gesetzten Grenzen aus. Erfahre dadurch mehr Tiefe, entdecke meine verborgene Kreativität und Energie.

Nicht zuletzt bekommt durch diese spielerische Erfahrung der 3-Dimensionalität meine Kunst im Hauptbereich der Zeichnung einen immensen Auftrieb.

"17.08.99, 45 Sekunden"

Jeder Einzelne soll sich sagen:

"Für mich ist die Welt geschaffen,

darum bin ich mitverantwortlich"

Babylonischer Talmud

"17.08.99, 45 Sekunden"

Durch Welten sind wir getrennt - 

Ich die Farbe des Sterbens

Du die Farbe des Geborenwerdens.

Wenn wir nicht ineinander atmen

kann kein Garten entstehen.

Dschelaleddin Rumi (1207 - 1273)

Die Erde bebt.

45 Sekunden, und nichts ist mehr, wie es war. Unermessliches Leid, ein kaum beschreibbares Maß an Zerstörung, Zerstorung nicht nur von materiellen Gütem sondern Zerstörung von Leben.

Ein immenser, unbegreiflicher Schaden.

Grenzerfahrungen für die Überlebenden, Grenzerfahrungen für die Angehörigen

und Freunde, Erschrecken und Fassungslosigkeit in der ganzen Welt.

Eine Grenzerfahrung hatte auch ich.

Nach einem schweren Unfall schwebte ich über Tage zwischen Leben und Tod. Mein Leben hing an einem seidenen Faden. Ich habe überlebt, habe die schreckliche Erfahrung auch dadurch überwinden können, daß mir von vielen lieben Menschen geholfen wurde.

Hierfür empfinde ich eine große Dankbarkeit.

Diese Dankbarkeit möchte ich ausdrücken und umsetzen, indem ich auf meine Art erreichen will, Hilfe für diejenigen zu erlangen, die diese Hilfe bitter nötig haben. Und hierzu gehören auch die Opfer des schrecklichen Erdbebens in der Türkei von 1999.

Durch mein Studium als Freier Graphiker, Maler und Bildhauer an der Kunstakademie Stuttgart wurde das Schaffen von Objekten und Bildern zu meiner Sprache, meiner Art, Empfindungen und Neinungen mitzuteilen, Nachrichten auszusenden, Botschaften zu vermitteln.

Meine Rauminstallatlon ist zum einen ein Kunstobjekt, gleichzeitig soll seine eiqene spätere teilweise Auflösunq Hilfe bewirken.

Die Installation besteht aus drei Elementen.

Mit Reis gefüllte Baumwolltaschen

Reis aus Tosya, aus einer Gegend, aus der auch mein Vater stammt, eine Gegend, in der es den besten Reis der Türkei gibt. Reis als Symbol für Nahrung , die vor dem Verhungern schützt. Reis als Glücksbringer - nicht umsonst wird bei Hochzeiten Reis gestreut.

Baumwolle aus Aydin, einer Gegend, aus der meine Mutter stammt, wo die feinsten Baumwollstoffe hergestellt werden. Baumwollstoff als Symbol für Schutz und Wärme.

Beide, Reis und Baumwolle haben immer einen Bezug zu Menschen.

 

Dias

Aus Farbfotographien wurden Schwarz-Weiß-Dias erstellt, die über an der Decke befestigte Projektoren auf die auf Holzpaletten gestapelten Reistaschen projiziert werden..

Dias, die erschreckenden Inhalts sind. Dias, die schockieren. Dias, die aber genau in dieser Form notwendig sind. Sie sind ein graphisches Element, haben insofern einen besonderen Bezug zu meiner Stellung als Maler und Graphiker.

Musik

Die Installation wird auch durch Musik untermalt, durch die charakteristische Musik der Tanzenden Derwische aus Konya, deren Tanz im Grunde alle Facetten des Lebens darstellen soll, Tag und Nacht, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Gespielt unter anderem mit einer Art Querflöte, der 'Ney', aus der die Seele spricht. Diese spezifische Art von Musik wurde gewählt, weil sie zwar Traurigkeit, aber nicht etwa Hoffnungslosigkeit vermittelt. Die Musik der Derwische, die als Leitsatz formulierten: "Komm zu mir, egal,

was Du bist, wer Du bist und woher Du kommst. Egal, ob Du Jude, Christ oder Muslim bist."

Die Musik trägt die restliche Installation, umhüllt alles mit ihrem speziellen Klang, sie ist eines der tragenden Elemente, eine Art Schutzhülle, die der Installation Leben einhaucht...

Schließlich soll auch der auf den Taschen aufgedruckte Spruch aus dem babylonischen Talmud ausdrücken, dass es immer und überall um alle Menschen geht, nicht nur um Menschen in der Türkei. Hilfe ist auf der ganzen Welt notwendig. Wir alle sind Bürger dleser Erde, unabhängig von Stand und Herkunft, ob arm oder reich.

Die Welt ist für uns geschaffen, wir tragen für sie die Verantwortung, Verantwortung auch für alle Hilfsbedürftigen dieser Erde...

 

An bestimmten Tagen während der Ausstellungen, wurden die mit Reis gefüllten Baumwolltaschen gegen eine Geldspende abgegeben. Der erzielte Betrag kam in vollem Umfang der Gazi Kinderhilfe-Stiftung, Stuttgart, zugute, die über die dringend benötigten Spendenerlöse den Bau eines Waisenhauses in Karamürsel, Türkei, mitfinanziert. Das Waisenhaus soll den Kindern, die durch das Erdbeben zu Waisen geworden sind, ein neues Zuhause geben. 

"17. August 1999, 45 Sekunden"
Aktion zugunsten der Erdbebenhilfe in der Türkei
Ibrahim Kocaoglu  März - April 2000
in Zusammenarbeit mit dem Linden-Museum Stuttgart

Reistaschen

"17. August 1999, 45 Sekunden"
Aktion zugunsten der Erdbebenhilfe in der Türkei
Ibrahim Kocaoglu  Juni - September 2001
in Zusammenarbeit mit der Evangelischen und Katholischen Kirche in Karlsruhe und der Region Pamina
(Projekt Raumzeichen mit Barbara Ehrmann)

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"17. August 1999, 45 Sekunden"
Aktion zugunsten der Erdbebenhilfe in der Türkei
Ibrahim Kocaoglu  Oktober - November 2002
in Zusammenarbeit mit der Evangelischen Johanneskirchengemeinde Ravensburg
(Projekt Raumzeichen mit Barbara Ehrmann)

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© 2022 Ibrahim Kocaoglu

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